Lilly schlägt die Augen auf und schaut sich irritiert um. Im ersten Moment hat sie keine Ahnung, wo sie sich befindet. Dann dämmert es ihr. Da war doch was von Marokko. Ach ja, genau. Freddy, die Ratte, erzählte seine Geschichte und darüber ist sie eingeschlafen.
Marie liegt neben ihr auf der Couch und schlummert friedlich vor sich hin und Freddy schaukelt schnarchend in seiner Hängematte. Vorsichtig steht Lilly auf, um die beiden nicht zu wecken. Wie spät wird es wohl sein? Florian macht sich bestimmt schon Sorgen wo sie bleiben.
Lilly riskiert einen Blick aus dem Versteck und beobachtet das hektische Treiben in der Küche. Hier herrscht Hochbetrieb und die Vorbereitungen für das Abendbuffet sind in vollem Gange. Jetzt regt sich auch Marie und blinzelt mit den Augen. Plötzlich tut es einen Schlag, und Freddy fällt krachend zu Boden. Ja, mit so einer Hängematte muss man schon umzugehen wissen. Ganz ungefährlich ist die Angelegenheit nicht. Jetzt sind definitiv alle wach. Lautes Gähnen und Räkeln und dann sind auch Marie und Freddy auf den Beinen.
"Wie lange haben wir denn geschlafen?", fragt Marie
"Oh, ziemlich lange. Inzwischen müsste es schon dunkel geworden sein.", antwortet Freddy.
"Ach du meine Güte. Was wird wohl mit Florian sein? Der weiß doch gar nicht, wo wir stecken.", ruft Lilly ganz aufgebracht.
"Gemach, gemach. Nur keine Hektik. Wir gehen jetzt mal an die frische Luft und machen uns auf die Suche nach ihm.", beruhigt Freddy Lilly.
"Das dauert ja ewig, bis wir wieder an Deck sind.", bringt Marie ungeduldig hervor.
"Keine Sorge, ich kenne da eine Abkürzung.", erklärt Freddy.
"Dann mal los. Worauf warten wir noch.", treibt Lilly die beiden an.
"Dann folgt mir unauffällig. Wir müssen uns durch das Getümmel der Küche schleichen.", weist Freddy die beiden ein.
Lilly und Marie kommen auf die geniale Idee, sich in das Fell von Freddy zu verkriechen. Das findet er zwar nicht besonders prickelnd aber er muss zugeben, dass es eine ausgesprochen clevere Idee ist.
"Alle bereit?", fragt Freddy.
"Jawohl, es kann losgehen.", antworten Lilly und Marie wie aus der Pistole geschossen.
Freddy quetscht sich durch das kleine Loch. Na, er hat wohl um die Hüfte ein paar Pfund zugelegt, seit er es sich hier gemütlich gemacht hat. Mit einem stöhnend Uff, quält er sich durch die
Öffnung und muss sich sogleich in Sicherheit bringen, da sich ihm eine Kiste mit Gemüse gefährlich schnell nähert. Nur ein paar Meter und dann erreicht er den kleinen Geheimgang, der sie an Deck
bringen soll. Plötzlich tauchen ein paar schwarze Riesenschuhe vor seinen Augen auf.
"Du schon wieder!", brüllt der Küchenchef und schickt sich an, einen Topf mit heißem Wasser über Freddy und seine Begleitung zu ergießen. Da hat er aber die Rechnung ohne Freddy gemacht. Denn so eine Ratte ist ganz schön gewieft. Mit einem Satz springt sie an sein Bein, beißt einmal kräftig hinein, um dann, flink wie ein Wiesel, um die Ecke zu biegen und in der Wandöffnung zu verschwinden.
Die drei hören nur das laute Kreischen des Küchenchefs, der wütend und fluchend den Topf durch die Gegend schleudert, so dass es nur so scheppert. Das war wirklich Rettung in letzter Sekunde.
Endlich kommen sie an Deck an und laufen zur Reling. Kein Florian weit und breit. Auch ein Blick zu den Masten ist wenig erfolgversprechend. Lilly und Marie verlassen Freddys zotteliges Fell und schauen sich ratlos an.
"Was machen wir jetzt nur?", fragt Lilly verzweifelt.
"Ich habe keine Ahnung. Aber es wird gewiss eine Lösung geben.", ermutigt Marie die traurige Lilly.
Am Horizont leuchtet die untergehende Sonne in tiefem Rot und lässt die Schleierwolken am Abendhimmel in den wunderschönsten Rottönen schimmern. Langsam scheint die Sonne im Meer zu versinken. Bei diesem Anblick wird Lilly ganz ruhig und schaut verträumt in die Ferne.
Morgen ist auch noch ein Tag und eine Lösung wird es bestimmt geben. Warten wir ab, was geschieht.
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