Lautes Geplapper, Stampfen, Poltern, Stimmengewirr reißen Lilly und Marie aus ihrem Tiefschlaf. Ganz irritiert schauen sie sich um und wissen zunächst gar nicht, wo sie sich befinden. Dann dämmert es ihnen. Freddy ist verschwunden, Tilli ist wohlbehalten zurück bei Frauchen und Lilly und Marie wissen nicht, wie es weitergehen soll. Marie rafft sich als erste auf und riskiert einen Blick nach draußen.
"Was ist denn da draußen los, kannst du was entdecken?", fragt Lilly neugierig nach.
"Das Segelschiff hat angelegt und viele verlassen das Schiff.", antwortet Marie.
In diesem Augenblick taucht eine schwarze Gestalt beim Rettungsboot auf und flüstert Marie hektisch zu: "Los macht schon. Springt auf meinen Rücken. Hier endet die Reise.", vernehmen beide eine vertraute Stimme.
"Bist du es Tilli?", fragt Lilly ganz erstaunt.
"Wer denn sonst? Los, jetzt. Beeilt euch! Wir haben nicht ewig Zeit.", antwortet Tilli nervös.
Das lassen sich die beiden nicht zweimal sagen. Marie breitet ihre Flügel aus, fliegt auf Tillis Rücken und verkriecht sich in ihrem Fell. Lilly hat es da nicht ganz so leicht, schafft aber im letzten Moment den Absprung vom Rand des Rettungsbootes auf Tillis Allerwertesten. Jetzt wird es etwas ungemütlich, denn Tilli muss einen Zahn zulegen, um wieder an Frauchens Seite zu gelangen. Bevor diese mit panikvoller Stimme nach ihrem Vierbeiner kreischt. Dann geht es runter von Bord.
"Ihr könnt euch jetzt wieder sichtbar machen. Wir haben es geschafft.", lockt Tilli die beiden Begleiterinnen aus ihrem Fell-Versteck hervor.
Mühsam krabbelt Lilly über das Hinterteil und dann an der Hinterpfote von Tillis Bein herunter. Marie hat sich schon ein sicheres Plätzchen am Boden gesucht.
"So ihr zwei. Ich muss mich jetzt leider von euch verabschieden, denn gleich geht es weiter mit Frauchen zum Hotel. Ich habe mitbekommen, dass wir einige Tage hier in der Gegend bleiben."
"Aber weißt du denn wo wir hier sind?", möchte Lilly wissen.
"Ich habe da was mitbekommen von Italien und irgendeine Stadt. Ich glaube Rum oder so ähnlich.", antwortet Tilli.
"Ach, du meinst Rom. Da wo der Papst wohnt.", ruft Marie freudig.
"Ja, genau. So heißt die Stadt. Aber heute bleiben wir erstmal hier und morgen geht es mit einem Bus weiter zum Papst.", klärt Tilli die beiden auf.
Dann wird es Zeit, sich zu verabschieden, denn Tillis Frauchen schaut sich schon suchend nach ihr um.
"Macht's gut ihr beiden. Es hat mir viel Spaß gemacht mit euch. Vielleicht sehen wir uns ja eines Tages wieder.", bringt Tilli mit tränenerstickter Stimme hervor. Sichtlich schwer fällt ihr der Abschied ihrer neuen Freunde.
"Ja, uns hat es auch sehr gefreut, dass wir uns begegnet sind. Wir werden dich nie vergessen.", beendet Lilly die Abschiedszeremonie.
Dann trottet Tilli mit hängendem Kopf davon und die Marie und Lilly schauen ihr mit Wehmut hinterher. Dazu kommt noch der Verlust von Freddy, der bis jetzt nicht wieder aufgetaucht ist.
Die Sonne versinkt am Horizont im Meer. Die Abendsonne taucht den Himmel in blutrote Farbe und verleiht ihm so einen edlen Glanz. Als die beiden verlassenen Seelen sehnsüchtig über das Meer zum Himmel empor blicken, entdecken sie einen riesigen Adler, der mit seinen weit ausgebreiteten Flügeln majestätisch den Abendhimmel für sich einnimmt. Einen wahrhaft meisterhaften Tanz vollführt er hoch oben in den Lüften. Marie und Lilly sind ganz fasziniert von dem Anblick.
Plötzlich kreist der machtvolle Adler über ihren Köpfen, fällt in einer Art Sturzflug scheinbar vom Himmel und landet mit einer gekonnten Landung auf dem Bug eines kleinen Schiffes. Da erst bemerken die beiden, dass es Florian ist. Mit einem lauten Schrei stürzen sie so schnell sie können auf ihn zu und er kommt ihnen mit einem Flügelschlag entgegen.
"Oh mein Gott. Bin ich froh, dass ich euch endlich gefunden habe.", ruft Florian überglücklich.
"Floooorian, Floooorian. Mamma Mia! Wie schön, dich wieder zu sehen. Wo hast du denn nur gesteckt?", ruft Marie aufgeregt.
Ganz außer Atem gesellt sich Lilly zu den beiden Freunden.
"Prust, puhhh, ooohhhh, uff. Mensch ffuuuuuu, bin ich froh, dass du da bist.", bringt Lilly um Luft ringend hervor.
"Was habt ihr denn die ganze Zeit getrieben?", möchte Florian wissen.
"Das ist eine lange Geschichte.", antwortet Lilly und hat sich sichtlich wieder gefangen.
Die Nacht ist eingebrochen. Wie eine glänzende Münze steht der Mond am sternenübersäten Himmel und wirft sein Licht auf das seichte Meer.
"Wir suchen uns jetzt erst einmal ein sicheres Plätzchen für die Nacht und dann erzählt ihr mir, was ihr alles erlebt habt.", nimmt Florian das Zepter in die Hand.
Die beiden Winzlinge sind hoch erfreut, dass sie Florian wieder an ihrer Seite haben. Auf ihn ist verlass. Mit diesem vertrauten Gefühl krabbeln sie in Florians Gefieder und lassen sich von ihm in den Nachthimmel entführen.
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